Archiv der Kategorie: Stolpersteine in Findorff

Gegen das Vergessen – für eine lebendige Erinnerung in Findorff

Zur Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus hat unser Ortsverein einen Gedenkgang entlang einiger Findorffer „Stolpersteine“ ausgerichtet. Zuvor haben Mitglieder unseres Ortsvereins wie in jedem Jahr wieder alle Findorffer Stolpersteine geputzt. Diese Gesten einer lebendigen Erinnerungskultur sind für uns essenziell in einer lebenswürdigen Demokratie.

Gedenken an die Opfer

Am 9. November 1938 fand die Pogromnacht gegen in Deutschland lebende Juden statt. Ihre Synagogen, Geschäfte und Wohnungen wurden zerstört; Menschen wurden erniedrigt, geschlagen oder gar ermordet. Auch Findorffer Jüdinnen und Juden und andere Gegner:innen des Nationalsozialismus sind umgekommen, in der Pogromnacht oder später während der Schreckensherrschaft der Nationalsozialisten. Heute bewahren in Findorff insgesamt 35 Stolpersteine die Erinnerung an das Schicksal dieser Opfer des Faschismus.

Ein Gedenkgang in Findorff

Am 9. November 2023 hat sich die Pogromnacht zum 85. Mal gejährt. Aus diesem Anlass haben wir am 8. November gemeinsam mit Franz Dwertmann vom Initiativkreis Stolpersteine Bremen, Verein Erinnern für die Zukunft e. V. einen Gedenkgang durchgeführt. Dieser Gang führte entlang der Admiralstraße, vorbei an 14 Stolpersteinen, die an Menschen erinnern, die einst aus Findorffs Mitte gerissen wurden. Mit seiner Kombination aus Sachkenntnis, Nüchternheit und Leidenschaft gelang es Herrn Dwertmann eindrücklich, den in Messing geschriebenen Namen Gesichter zu geben und ihre bewegenden Schicksale vor Augen zu führen.

Stolpersteine und Erinnerung

Nicht nur Erinnerungen müssen regelmäßig aufpoliert werden. Darum hatten wir uns wenige Tage zuvor auf eine Rundreise durch Findorff begeben, um alle 35 Findorffer Stolpersteine zu putzen. Nach den vielen Jahren dieser Tradition wissen wir, was funktioniert: Mit bewährten Hausmitteln – Zitrone, Wasser und Salz – ließ sich der Glanz der Steine rasch wieder herstellen. Da kann jeder mitmachen, auch zwischendurch!

Erschreckende Taten, erschreckende Zahlen

Diese Gesten einer lebendigen Erinnerungskultur sind in diesen Zeiten wahrscheinlich wichtiger denn je. Die Zahlen der polizeilichen Kriminalstatistik sprechen eine deutliche Sprache: Insgesamt wurden im Jahr 2022 im Land Bremen 284 politisch motivierte Straftaten aus dem rechten Spektrum begangen. Erschreckend: Seit dem Jahr 2018 ist die Zahl rechter Delikte um 87 Prozent angestiegen! 

Quelle: Polizei Bremen-Landeskriminalamt (2023): Politisch motivierte Kriminalität im Land Bremen 2022.

Eine Aufgabe für uns alle

Es gibt viele Appelle an die Moral und viele Appelle an die Vernunft; diese erschreckenden Zahlen aber verpflichten uns alle. Wir müssen die Erinnerungen an die Gräueltaten der Nazis vor Augen haben. In Zeiten, in denen rechtspopulistische und rechtsradikale Parteien an Zuspruch gewinnen, müssen wir alle wissen, was passieren kann, wenn solche Parteien an die Macht kommen. Unsere Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschlichkeit sind gefährdet.

Für uns ist klar: Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und Antisemitismus haben in unserer Gesellschaft keinen Platz. Nie wieder dürfen Faschisten an die Macht kommen. Dafür treten wir, wie alle Demokratinnen und Demokraten, ein.

Für lebendige Erinnerung: Stolpersteine-Pflege in Findorff

Messing verblasst, die Erinnerung nicht: Wie jedes Jahr haben wir den November genutzt, um die Stolpersteine in unserem Stadtteil zu putzen und zu polieren.

In Findorff erinnern mittlerweile 35 Stolpersteine an die Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft. Für uns ist klar: Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und Antisemitismus haben in unserer Gesellschaft keinen Platz. Nie wieder dürfen Faschisten an die Macht kommen. Diese Gedenksteine zu pflegen und ihre Erinnerung zu bewahren liegt uns daher besonders am Herzen.

In den vergangenen 25 Jahren wurden deutschlandweit rund 80.000 „Stolpersteine“ von dem Künstler und Bildhauer Gunter Demnig angefertigt und in die Bürgersteige eingelassen. Sie bewahren die Erinnerung an Menschen, die wegen ihres Glaubens, ihrer politischen Überzeugung oder einem Gebrechen von den Nationalsozialisten verfolgt wurden. Stolpersteine Bremen ist eine Initiative der Landeszentrale für Politische Bildung und des Vereins „Erinnern an die Zukunft e. V.“ Weitere Informationen gibt es auf www.stolpersteine-bremen.de.

Anna und Carl Stiegler: Zwei „Stolpersteine“ in Findorff

Menschen

Im Gedenken an Anna und Carl Stiegler sind am 14. Juni zwei neue „Stolpersteine“ in Findorff verlegt worden. Anna Stiegler war SPD-Politikerin und wurde 1919 als erste Frau von 18 weiblichen Abgeordneten in die verfassungsgebende Bremische Nationalversammlung gewählt. Sie und ihr Mann Carl wurden wegen ihrer politischen Tätigkeit von den Nazis verfolgt; Carl Stiegler starb 1945 im Konzentrationslager Sachsenhausen. Anna Stiegler überlebte knapp und kehrte nach dem Krieg nach Bremen und in die Politik zurück; sie war bis 1963 Mitglied der Bremischen Bürgerschaft. Neben ihrer Aufgabe als Sozialpolitikerin verstand sie sich als Vertreterin von Frauenrechten. Nun erinnern diese zwei Gedenksteine auf den Bürgersteig vor der Neukirchstraße 63 an zwei bemerkenswerte Menschen, die für ihre politische Überzeugung gekämpft und gelitten haben.

Ideale

Der SPD-Ortsverein Findorff hat die Patenschaft für die „Stolpersteine“ übernommen. Besonders Anna Stiegler macht mit ihrer Courage, ihrem Mut und ihrem Glauben an eine bessere und gerechtere Zukunft uns heute noch Mut. In einer Zeit der Unmenschlichkeit hat sie Menschlichkeit bewiesen und für ihre Ideale, die Ideale der Sozialdemokratie „Freiheit, Gleichheit und Gerechtigkeit“ gekämpft.

Erinnerung

In den vergangenen 25 Jahren wurden rund 80.000 „Stolpersteine“ von dem Künstler und Bildhauer Gunter Demnig angefertigt und in die Bürgersteige eingelassen. Sie bewahren die Erinnerung an Menschen, die wegen ihres Glaubens, ihrer politischen Überzeugung oder einem Gebrechen von den Nationalsozialisten verfolgt wurden. Stolpersteine Bremen ist eine Initiative der Landeszentrale für Politische Bildung und des Vereins „Erinnern an die Zukunft e. V.“ Weitere Informationen gibt es auf www.stolpersteine-bremen.de.

Zukunft

Zusammen mit den Gedenksteinen der Stieglers gibt es nun 37 „Stolpersteine“ in Findorff. Unser Ortsverein hat sich die Pflege der Steine auf die Fahnen geschrieben. Wir freuen uns, dass nun auch die Namen von Anna Stiegler und der ihres Mannes Carl hier in Findorff nun für immer verewigt wurden.  

„Wir düfen alles verlieren, nur nicht unsere Menschlichkeit“

Gönül Bredehorst (links im Bild) bei der Verlegung der Stolpersteine.


Otto Zade

1888-1942

Wohnort:
Fürther Straße 71

Otto Zade, 1888 in Bremen geboren, war Mitglied der SPD. Gemeinsam mit seiner Frau Frieda Kreikemeyer, die er 1919 geheiratet hatte, wohnte er in der Fürther Straße 71. Ihre beiden Töchter Hedwig und Gerda vervollständigten die kleine Familie.

Otto Zades berufliche Laufbahn begann im Jahr 1916 als Bürogehilfe beim Grundstücks-Verwaltungsamt, wo er als Sachbearbeiter für die Staatliche Feuerversicherung eingesetzt und 1920 zum Verwaltungssekretär ernannt wurde. Im Jahr 1924 wurde er zum schließlich zum Verwaltungsobersekretär befördert.

Im August 1933 wurde Otto Zade wegen seiner Mitgliedschaft in der SPD entlassen. Anschließend war er zeitweise arbeitslos und bezog dabei keinerlei Unterstützung. Erst ab Mai 1935 beschäftigte ihn der Schlachtermeister Christian Schröder in der Westerstraße 74 als Buchhalter.

Drei Jahre nach Ausbruch des Krieges wurde Otto Zade am 3. Mai 1942 schließlich von der Gestapo verhaftet. Nach Auffassung der Anklage hatte er den Weinhändler Heinrich Hollmann unberechtigt mit Lebensmitteln versorgt, die der kriegsbedingten Rationierung unterlagen. Einen stichhaltigen Beweis hierfür gab es nicht.

Otto Zade erlebte das Ende dieses Verfahrens nicht: Am 11. Mai 1942 nahm er sich in seiner Zelle des Gefangenenhauses Ostertorwache das Leben.

Nach Ende des Krieges fand seine Ehefrau für diese Flucht in den Tod folgende Erklärung:

„Mein Mann war durch die Entlassung aus dem Amt mit seinen Nerven vollständig fertig und sehe ich dieses als Grund an, dass er es vorzog, freiwillig aus dem Leben zu scheiden. Seine Äußerungen, dass er es nicht lange aushalten würde, haben sich leider bestätigt.“

Heute erinnert ein Stolperstein vor seinem Wohnhaus in der Fürther Straße 71 an Otto Zade.

Quelle: Projekt Stolpersteine Bremen