Findorff gilt als einer der attraktivsten Stadtteile Bremens. Zentrale Lage, kurze Wege, lebendige Nachbarschaften, ein vielfältiges Vereins- und Kulturleben und die Nähe zum Bürgerpark machen den Stadtteil zu einem begehrten Wohnort. Viele Menschen wollen hier leben – doch genau das verschärft die Probleme auf dem Wohnungsmarkt. Die Nachfrage steigt, die Preise ebenso, und immer öfter stellt sich die Frage: Wer kann sich das Leben in Findorff noch leisten?
Der Fachausschuss Wirtschaft, Kultur, Inneres und Sport (WiKIS) des Findorffer Beirats hat sich am 9. September mit diesen Fragen beschäftigt. Georgia Wedler und Thomas Czekaj von der Baubehörde sowie Ralf Lindemann, Vorstandsmitglied der ESPABAU, waren eingeladen, um zu diesem Thema zu referieren. Ihr Vortrag unterstreicht die Attraktivität Findorffs, zeichnet aber auch ein Bild großer Herausforderungen.
Steigende Nachfrage, steigende Preise
Attraktivität zieht an, steigert aber auch die Preise. Der Wohnungsbestand in Findorff ist in den vergangenen Jahren zwar gewachsen, aber nur moderat: Zwischen 2015 und 2024 sind rund 445 neue Wohnungen entstanden, sodass der Bestand nun bei etwa 15.700 liegt. Gleichzeitig kletterten die Angebotsmieten deutlich: von durchschnittlich 8,62 Euro pro Quadratmeter im Jahr 2016 auf 11,96 Euro im Jahr 2024. Bei Neubauten liegt der Erstbezug inzwischen bei über 13 Euro, während Weitervermietungen im Schnitt bei 11,73 Euro je Quadratmeter liegen. Für viele Haushalte wird es damit eng.
Kaum Platz für Neubauten
Flächen im hochverdichteten Findorff sind begrenzt. Umso schwerer fällt es Bauträgern, Grundstücke für Neubauten zu finden. Auch der Neubau selbst werde herausfordernder. Die Behörde sieht in Findorff ein Potenzial von ca. 25 neuen Wohneinheiten pro Jahr. Die Handlungsmöglichkeiten der Stadt seien begrenzt, stellte Behördenvertreter Czekaj klar: „Wir können nicht bauen, wir schaffen nur die Voraussetzungen.“ Dieses Missverständnis werde leider häufiger instrumentalisiert. Hinzu kommt, dass die genutzten Wohnflächen pro Kopf immer größer werden. Im Land Bremen lag die Wohnfläche pro Kopf im Jahr 2014 bei 40,2 m², 2024 betrug sie bereits 43,2 m². Die Altersstufe 70+ bewohnte beispielsweise eine durchschnittliche pro-Kopf-Fläche von 77 Quadratmetern.Kleinere Wohnungen mit guten Versorgungs- und Infrastrukturanbindungen schafften effektive Anreize, in eine kleinere Wohnung zu wechseln. „Es kann nicht Ziel sein, für zwei Personen 160 Quadratmeter bereitzustellen“, fasste Behördenvertreterin Wedler zusammen. Diese statistisch sinnvolle Betrachtungsweise stößt allerdings an gewisse Grenzen, wenn sie zur Folge hätte, dass beispielsweise abgezahltes Eigentum oder preisgünstige Mietwohnungen gegen kleinere, aber neuere und teurere Mietwohnungen eingetauscht werden müssten. Auch die Belange älterer Menschen, die an liebgewonnenen Wohnraum gewöhnt sind und für die ein Umzug eine große Belastung darstellt, müssen ebenfalls betrachtet werden.
Sozialwohnungen bleiben Mangelware
Besonders problematisch: Der Anteil an gefördertem Wohnraum ist gering. Nur 347 Wohnungen in Findorff sind derzeit gefördert, das entspricht rund sechs Prozent des Bestandes. Bremenweit wurde eine Quote von 30 Prozent festgelegt – ein Sollwert, der in Findorff in weiter Ferne liegt. Ab Mitte 2026 soll es ein Konzept für stadtteilbezogene Quoten geben, doch schon heute ist klar: Es stellt eine große Herausforderung dar, diese Quote in Zukunft zu erfüllen. Beispielsweise wurde beim FA Bau des Findorffer Beirats im August 2023 ein Neubau in der Plantage vorgestellt, der 99 Wohnungen zwischen 40 und 80 Quadratmetern schaffen soll. Dass die veranschlagten Mieten vergleichsweise hoch angesetzt und die Sozialquote nicht thematisiert worden waren, hatte unsere Fraktion kritisiert.
Bauen wird immer schwieriger
Die Bedingungen sind in den vergangenen Jahren deutlich schwieriger geworden. Höhere Baustandards, stark gestiegene Baukosten, hohe Zinsen und nicht zuletzt die anstehende Dekarbonisierung machen Bauherren und Eigentümern zu schaffen. Durch diese Gewässer navigiert die ESPABAU als Findorffs größter Einzeleigentümer. Die Genossenschaft besitzt 3.234 Wohnungen, 2.224 davon in Findorff und hat seit 2022 keine Neubauten errichtet. „Im genossenschaftlichem Rahmen kann unter den gegenwärtigen Bedingungen auch mit Zuschüssen nicht gebaut werden“, berichtete Vorstandsmitglied Ralf Lindemann. So fallen von Jahr zu Jahr immer mehr Wohnungen aus der Preisbindung. Waren es 2016 noch 561 Wohnungen, seien es 2025 noch 211. Die durchschnittliche Miete sei mit 6,40 Euro je Quadratmeter vergleichsweise moderat; man habe auch bei Angebotsmieten von 14 Euro und mehr keine Probleme, Interessenten zu finden.
Zu den ohnehin gestiegenen Kosten kämen jetzt noch die Aufwendungen für die anstehende Dekarbonisierung hinzu, die bis 2045 gestemmt werden müssten. „Alle Kosten werden Mieten“, fasste Lindemann das Dilemma zusammen und ergänzte: „Wir haben uns sehr angestrengt, um Schlimmeres zu verhindern.“ Die Genossenschaft habe keine Mühen gescheut, um die Belastungen für die Mieter in Grenzen zu halten.
Spannende und herausfordernde Zeiten
Die Herausforderungen am Findorffer Wohnungsmarkt sind also vielfältig. Die Preisentwicklungen mögen nachvollziehbar sein, dennoch wird Wohnen in Findorff für viele zu einer finanziellen Herausforderung und für manche unbezahlbar. Für uns steht aber fest, dass die Attraktivität und der Charme Findorffs ganz entscheidend von der Vielfalt und der gesunden sozialen Durchmischung des Stadtteils abhängt. Findorff ist vielfältig und soll es bleiben. Das Wohnen hier darf nicht eine Frage des Geldbeutels sein.